2. Gehschul-Workshop am Seddiner See
Durch die positive Resonanz der Teilnehmer im Jahr 2017 und durch zahlreiche Sponsoren, fand nun der 2. Gehschul- Workshop am Seddiner See statt. Aus dem letzten Jahr kannten einige Mitglieder der Selbsthilfegruppe schon das wunderschön gelegene Gelände der „Heimvolkshochschule“, welches sich diesmal mit perfekten Sommerwetter von seiner besten Seite zeigte.
Einige reisten schon am Freitagabend an und genossen erst einmal den Zugang zum See, um sich abzukühlen. Auch wenn das Wasser, durch die längere Hitzeperiode, bei manchen nicht mehr zur Abkühlung diente, war es einfach herrlich die Möglichkeit über einen Steg mit Leiter oder über das Ufer ins Wasser zu kommen. Nach und nach kamen weitere Mitglieder sowie unsere Gehschultherapeutin Manuela Jukiel, mit ihrem Mann und es gab ein freudiges Wiedersehen. Unterstützt wurde Manuela in diesem Jahr von Nenad Birek, der ebenfalls Gehschultherapeut sowie Oberschenkelamputiert ist. Man tauschte sich über die verschiedensten Themen gemütlich auf der Terrasse aus.
Am Samstagmorgen reisten die restlichen Teilnehmer*innen zu unserem Workshop an und bezogen noch ihre Zimmer. Pünktlich um 9.00 Uhr saßen alle im gekühlten Seminarraum. Sylvia Wehde, unsere Gruppenleiterin, begrüßte alle ganz herzlich und freute sich, dass trotz des heißen Wetters es nicht noch weitere spontane Absagen gegeben hatte. Im Vorfeld hatten sich leider 6 Personen kurzfristig wegen Prothesen-Probleme abgemeldet.
Sie stellte die Gäste und Vortragenden der Firma Endolite, Ulf Sniegocki (Technischer Außendienst) und Marcus Walda (Vertriebsleiter Deutschland) sowie Fachärztin Dr. Melissa Beirau vom UKB Berlin-Marzahn vor.
Herr Walda stellte die Firma Endolite-Deutschland, die ein Teil der Blatchford Group ist, vor. Er berichtet uns, über die Entstehungsgeschichte von Blatchford und wie in 1990 mit der Entwicklung des ersten im Handel erhältlichen mikroprozessorgesteuerten Kniegelenks der Welt begonnen wurde. Nach der intelligenten Prothese (IP), die für jeden Anwender individuell programmiert werden kann, um das bestmögliche und energieeffizienteste Gangbild zu erreichen, folgte bald ein einzigartiges pneumatisches/hydraulisches mikroprozessorgesteuertes Kniegelenk. Dieses Hybrid-Kniegelenk ist in der Lage, Schrägen, Treppen und Gehgeschwindigkeiten zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Ganz nach dem gelebten Motto: „Die Nachbildung der natürlichen Bewegung steht im Mittelpunkt unserer Design-Philosophie“. Es wurden uns Füße (EchelonVAC, BladeXT, Elite Blade, Elan) und Kniegelenke (Orion3, Mercury, SmartIP) vorgestellt sowie den neuen Silcare Breathe Liner, mit atmungsaktiver Technologie, für trockene Haut und Schaftsicherheit.
Nach den vielen Eindrücken gab es einen kleinen Imbiss, bevor es mit dem 1. Teil der Gehschule losging. Wir setzten uns alle zusammen und es erfolgte die Ganganalyse, mit sofortiger Auswertung jedes Einzelnen, durch die Teilnehmer*innen und beiden Gehschultherapeuten Manuel und Nenad.
Da Manuela uns schon letztes Jahr, mit ihrem geübten Blick, viele gute Tipps und Ratschläge, mit auf den Weg gab, konnte sie die Gangbilder miteinander vergleichen. Sie war einerseits sehr positiv überrascht, wie sich die Teilnehmer*innen ihre Ratschläge zu Herzen genommen hatten und andererseits das eine deutliche Verbesserung zu erkennen war. Und natürlich sind auch die Angehörigen nicht drum herumgekommen und mussten ihre Runde vor uns allen drehen und haben genauso viel Anerkennung bekommen, wie alle anderen.
Da es wichtig ist, immer wieder die verschiedensten Muskeln zu stärken und zu benutzen, haben wir noch das Aufstehen und Hinsetzen, mit dem ersten Schritt mit der Prothesenseite geübt. Und immer wieder ist es erstaunlich, wie manch Einer, wenn er gar nicht darüber nachdenkt, loslaufen kann.
Jetzt hatten wir uns unser Mittagessen verdient und nutzten die Pause für angeregte Gespräche. Natürlich durfte ein Gruppenfoto nicht fehlen, was bei der Anzahl der Teilnehmer*innen schon nicht mehr ganz einfach zu fotografieren war.
Nun folgte Dr. med. Melissa Beirau, Fachärztin vom Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn, mit ihrem Vortrag „Schmerzen nach Amputation“, der wieder sehr viele neue Erkenntnisse und Aufklärung enthielt, wodurch eine rege Diskussion entstand. Hier wurde deutlich, wie wichtig es ist über die genaue Begriffsdefinition von Phantomschmerz und Phantomgefühl Bescheid zu wissen und was es für verschiedenste Möglichkeiten es gibt, diesen entgegen zu steuern.
Auch wenn der Bauch noch gut gefüllt war, ging es nun in den 2. Teil der Gehschule.
Monika Rödel, Physiotherapeutin, bildete eine Gruppe mit den „Zweibeinern“ und machte Übungen. Unsere Armamputierten Wolfgang und Astrid setzten sich mit Barbara, Orthopädietechnikerin, im Vorraum zusammen, während Manuela mit Nenad die Übungen zum Mit- und Nachmachen für Zuhause starteten. (Diese Übungen findet ihr im „Internen“ auf unserer Internetseite). Nach getaner Sporteinheit und einem sehr informativen Tag ging es zur Abkühlung eine Runde im See schwimmen, welch‘ ein herrliches Bild, die abgelegten Beine und Stützen vereint am Steg aufgereiht nebeneinander zu sehen. Schade, keiner hat es fotografiert.
Beim Abendessen und in geselliger Runde genossen wir das Wetter und tauschten unsere Erfahrungen, mit verschiedensten Anträgen bei den Ämtern und Krankenkassen aus, gaben uns Tipps und Ratschläge.
Am Sonntag starten wir, mit dem 3. Teil der Gehschule und die Angehörigen setzen sich mit Dagmar Marth, selbst Arm- und Unterschenkelamputiert und u. a. als Peer für das UKB tätig, zu einer Angehörigen/Betroffenen-Beratung zusammen. Hier konnten die Begleiter*innen der Teilnehmer*innen ihre Gedanken, Gefühle, Sorgen und Nöte unter sich austauschen. Leider werden diese Bedürfnisse nicht immer gerecht wahrgenommen und bedacht.
Die Gruppe teilte sich wieder ihn Arm- und Beinamputierten auf. Nenad fragt, ob sich die Übungen von gestern bei einigen bemerkbar gemacht hatten und schon ging es wieder mit der Wiederholung der Erwärmung los. Im Anschluss bauten Manuela und Nenad einen Hindernis-Parkour auf, den jeder so gut er konnte und mochte absolvierte.
Nach einer kurzen Pause starteten wir, mit dem letzten und 4. Teil der Gehschule. Der Kreis der Angehörigen setzte sich wieder zusammen und die Amputierten gingen hierzu nach draußen und machten sich die Rasenfläche zu nutzen, um barfuß und auf dem unebenen Boden Gleichgewichtsübungen zu machen. Danach gingen einige auf dem Schotterparkplatz in 4 Teams mit je 4 Spielern, um Boccia zu spielen, andere übten das Treppensteigen mit Nenad.
In gemütlicher Atmosphäre gab es Mittagessen und dann die Auswertung zum Workshop mit positive Feedback. Alle Teilnehmer*innen waren wieder absolut begeistert, wie unsere Gruppenleiterin Sylvia Wehde mit Unterstützung ihres Mannes, Frank Wehde, und Wolfgang Hahn die Vorbereitung, Organisation und Durchführung gemanagt worden ist. Dafür von allen Beteiligten ein ganz großes Lob und Anerkennung! Nicht selbstverständlich und doch wieder von allen Mitgliedern sehr willkommen geheißen war der Sportanteil, mit der Unterstützung von Manuela Jukiel und Nenad Birek sowie Monika Rödel. Die Vorstellung der Firma Endolite und der Vortrag von Frau Dr. Beirau waren sehr informativ und hilfreich. Dr. Beirau hatte sich sehr über die Einladung gefreut und war absolut beeindruckt von dem Enthusiasmus aller Beteiligten immer Neues und Wissenswertes aufzunehmen und umzusetzen. Für Fragen und Anregungen steht sie uns weiterhin gerne zur Verfügung. Die Gesprächsrunde der Angehörigen hatte großen Anklang gefunden und soll sogar in regelmäßigen Abständen mit weiterem Austausch, nach dem Workshop stattfinden.
Vielen Dank für die finanzielle Unterstützung der AOK-Nordost und der Firma Endolite, ohne deren Unterstützung so eine Veranstaltung nicht möglich wäre!
Es waren sich alle einig, dass es eine Fortsetzung im nächsten Jahr 2019 geben soll. Wir werden sehen, wie sich das realisieren und bewerkstelligen lässt. Somit auf ein Wiedersehen in dieser Runde…
Endolite, Marcus Walda – Leiter Vertrieb, Ulf Sniegocki – Technischer Vertrieb Ost:
www.endolite.de
UKB, Prothesenrehabilitation, Dr. med. Melissa Beirau:
www.ukb.de/behandlungsspektrum/klinik-fuer-integrative-rehabilitation/kontakt/
Gehschultrainerin, Manuela Jukiel:
www.san-rosenau.de
Headcoach BIREKtrainingsystems, Nenad Birek:
www.birektraining.systems
Physiotherapeutin, Monika Rödel
Verfasser: Melanie Wittke und Sylvia Wehde